von Assunta Schiebel
AK Medizin

Ich möchte euch einen Einblick in die geheimnisvolle Welt der Schrittmacher und Defibrillatoren geben, euch erklären, wie die Geräte funktionieren, was im Rahmen einer Schrittmacher-/Defibrillatorabfrage getestet wird und wie ein Schrittmacher-/ Defibrillatorausweis aufgebaut ist.

Allgemeines

Schrittmacher werden in der Regel implantiert, wenn das Herz Pausen macht, dauerhaft oder nur manchmal zu langsam schlägt. Dann soll der Herzschrittmacher die Funktion des eigenen Schrittmacherzentrums im Herzen übernehmen. Der Schrittmacher wird so programmiert, dass er das Herz mit einer bestimmten Herzfrequenz (Grundfrequenz), die ihm vorgegeben wird, z.B. 60/min stimuliert, sobald eure eigene Herzfrequenz eine vorgegebene Herzfrequenzgrenze (meist die Grundfrequenz des Herzschrittmachers) unterschreitet.

Es gibt 1-Kammer-Schrittmacher, bei denen entweder im Herzvorhof oder in der Herzkammer stimuliert werden kann, und 2-Kammer-Schrittmacher, die sowohl im Vorhof als auch in der Herzkammer stimulieren können.

Hierzu wird das sogenannte Schrittmacheraggregat (Computer und Batterie) meist unter den Brustmuskel oder selten auch unter die Bauchdecke implantiert und die Sonde(n) über die Venen bis in den zu stimulierenden Ort (rechter Vorhof und/oder rechte Herzkammer) vorgebracht und dort verankert. Manchmal werden Sonden auch direkt auf den Herzmuskel aufgenäht. Dies wird meist im Rahmen einer herzchirurgischen Operation durchgeführt.

Alle Schrittmacher haben zu der Funktion, das Herz stimulieren zu können, auch die Möglichkeit Herzrhythmusstörungen zu erkennen und diese aufzuzeichnen (Speicher).

Unter Belastung, z.B. Treppen steigen, Laufen können sie durch einen sog. Sensor die Herzfrequenz schneller machen.

Defibrillatoren können zusätzlich zu all den Funktionen des Herzschrittmachers schnelle „bösartige“ Herzrhythmusstörungen aus der Herzkammer (ventrikuläre Tachykardien, Kammerflimmern) erkennen und behandeln, indem sie entweder durch noch schnellere Stimulation als die eigentliche Herzrhythmusstörung (nennt sich ATP- antitachykardes Pacing) die Rhythmusstörung beenden oder einen „Schock“ abgeben. Die Implantation erfolgt wie bei den Schrittmachern. Es gibt sie wie die Schrittmacher in der 1-Kammer- und 2-Kammerversion, wobei aber immer eine Sonde in der Herzkammer liegen muss.

CRT-Systeme (teilweise auch biventrikuläre Schrittmacher/ ICDs genannt) dienen der kardialen Resynchronisationstherapie Sie sollen dafür sorgen, dass das Herz wieder synchron schlägt. Bei Herzschwäche schlägt das Herz oft nicht mehr synchron, d.h. nicht alle Abschnitte der Herzkammern ziehen sich gleichzeitig zusammen und das Herz „eiert“. Um das Herz wieder synchron schlagen zu lassen haben sie zusätzlich zu der Sonde in der rechten Herzkammer eine weitere Sonde entweder in einer Herzvene auf der linken Herzseite oder außen auf dem Herzen und lassen dadurch, dass sie beide Herzseiten (links und rechts) stimulieren, das Herz wieder synchroner schlagen. Hierdurch kann sich die Pumpleistung des Herzens verbessern. Eine Sonde im Vorhof ist nicht zwingend erforderlich. Es gibt sie in der Schrittmacher- (CRT-P) und in der Defibrillator- (CRT-D) Ausführung.

Und wie läuft das jetzt mit der Kontrolle?

Jeder, dem so ein Gerät implantiert wurde, sollte regelmäßig zur technischen Kontrolle (Schrittmacher/ Defibrillatorkontrolle) gehen.

Diese wird meist in den Kliniken aber auch von niedergelassenen (Kinder-)Kardiologen durchgeführt.

Die Kontrollen sind notwendig, weil Schrittmacher und Defibrillatoren technische Geräte sind und auch diese Geräte technische Störungen bekommen können. Zudem können Umbauprozesse an der Herzmuskulatur Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Sonden haben.

Nach Implantation erfolgt eine relativ frühe Nachkontrolle am Tag nach Implantation, dann nach ungefähr 3 Monaten, manchmal auch früher, da die neu implantierten Sonden besonders „störanfällig“ sind, noch leicht verrutschen können und sich die Wechselwirkungen zwischen den Sonden und dem Herzmuskel ändern können. Im weiteren Verlauf kontrolliert man die Systeme in Abständen von 6-12 Monaten, je nach dem wie die Befunde der Abfrage sind, d.h. das legt euer (Kinder-)Kardiologe fest.

Und was wird jetzt eigentlich bei so einer Abfrage gemacht?

Bei der Abfrage eures Gerätes werdet ihr zuerst an ein normales EKG angeschlossen, so dass man euren Herzrhythmus immer am sog. Oberflächen-EKG sehen kann. Dann wird der Abfragekopf der jeweiligen Firma auf das Gerät aufgelegt (deshalb ist es wichtig, dass ihr immer euren Schrittmacher/Defibrillatorausweis dabei habt, denn jede Firma hat ihr eigenes Programmiergerät und euer Gerät kann nur mit dem firmenspezifischen Abfragegerät abgefragt werden).

Bei allen, die einen Schrittmacher haben wird das Herz dann in der firmentypischen Stimulationsfrequenz stimuliert (zwischen 85/min und 100/min), so dass ihr vielleicht kurzzeitig ein Gefühl von Herzrasen bekommen könnt, das ist aber völlig normal. Bei denen, die Defibrillatoren implantiert haben passiert das nicht.

Dann entscheidet der Arzt, in welcher Reihenfolge er die weitere Kontrolle durchführt. Daher kann die folgende Reihenfolge individuell abweichen.

1. Startbildschirm: Warnungen? Ereignisse?
Meist schaut man zuerst die Daten an, die am Startbildschirm des Programmiergerätes erscheinen, z.B. wie lange die Batterie noch hält, wie häufig der Schrittmacher/Defibillator gebraucht wird („Stimulationsanteil“), ob es Herzrhythmusstörungen gab und ob es EKGs davon gibt (die Aggregate können so eine Art EKG von innen schreiben, wenn sie glauben, dass eine Rhythmusstörung vorliegt und diese speichern), ob es Fehlermeldungen gibt.

Wenn das alles überprüft ist, geht es mit den eigentlichen Tests los.

2. Sensing: Wahrnehmung?
Meist wird zuerst das sog. „Sensing“ getestet, d.h. man schaut, ob das Aggregat einen möglichen vorhandenen eigenen Herzrhythmus erkennt (denn, wenn das Herz selbst schlägt, soll der Schrittmacher nichts machen, macht das Herz aber selbst nichts, soll er stimulieren).

Um dies zu testen, stellt der Untersucher die Stimulationsfrequenz (Frequenz mit der der Schrittmacher stimulieren soll) so niedrig ein, dass das der eigene Herzschlag schneller ist, als die programmierte Grundfrequenz. Man programmiert somit die Stimulationsfrequenz unter die erwartete eigene Herzfrequenz, meist auf 30/min (weniger geht nicht). Dies kann besonders für die von euch unangenehm werden, die keinen eigenen Herzrhythmus mehr haben, d.h. das Herz von selbst nichts mehr macht, denn euer Herz ist ja jetzt weiterhin langsamer als die Stimulationsfrequenz. Also stimuliert der Schrittmacher während des Testes euer Herz mit einer Herzfrequenz von nur 30/min – und da kann einem auch mal komisch werden. Diejenigen von euch, die Probleme damit haben, wenn der Schrittmacher so langsam stimuliert, können auch darum bitten, diesen Test mit einer höheren Herzfrequenz, z.B. 40/min durchzuführen, dann ist es nicht ganz so unangenehm.

Die Werte, die man bekommt werden in mV (Millivolt) angegeben, und es gilt, je größer der Wert, desto besser.

Wenn keine eigenen Herzaktionen da sind, bekommt man natürlich keine Werte. Der Schrittmacher funktioniert aber trotzdem. Sollte das Gerät dennoch Werte anzeigen, wäre das ein Hinweis auf Störsignale, z.B. durch eure Arm- und Brustmuskulatur.

3. Reizschwelle ?
Als nächstes testet man die „Reizschwelle“, d.h. man schaut wieviel Strom der Schrittmacher abgeben muss, um das Herz sicher zu stimulieren. Diese Werte können sich im Laufe der Zeit ändern (z.B. wenn Sonden verrutschen, oder wenn sich Narbengewebe um die Sonde bildet). Viele Abfragegeräte können die sog. Reizschwelle automatisch messen (was angenehmer ist, aber leider nicht immer funktioniert). Man kann die Reizschwelle aber auch manuell, d.h. von Hand messen. Hier wird wie bei der automatischen Messung die Stimulationsfrequenz (Herzfrequenz mit der der Schrittmacher stimuliert) höher als die eigene Herzfrequenz eingestellt (meist 90/min) und jede Sonde einzeln gemessen. Bei jeder Sonde wird der Strom langsam reduziert und man schaut, mit welchem Strom das Herz nicht mehr ausreichend stimuliert wird, d.h. der Strom nicht mehr ausreicht, das Herz zu erregen, einen Herzschlag zu provozieren.

Während des Test kann man, wenn man empfindlich ist, ein Pochen oder Rasen des Herzens bemerken und wenn der Strom dann nicht mehr ausreicht das Herz zu stimulieren, eine Aussetzen  und ggf. Schwindel verspüren, bis der Schrittmacher wieder in den normalen Modus gewechselt hat. Denn der Schrittmacher stimuliert in dem Moment zwar, aber schafft es mit dem Strom nicht mehr das Herz zu erregen und zum schlagen zu bringen.

Die Werte werden im V/ms (Volt pro Millisekunden) angegeben und je niedriger die Werte sind, desto besser. Denn je niedriger die Werte sind, desto weniger Strom benötigt das Aggregat und je weniger Strom das Gerät verbraucht, desto länger hält die Batterie.

Wenn man die Werte erhoben hat, kann der Schrittmacher so programmiert werden, dass er möglichst wenig Strom braucht, aber sicher stimuliert. Daher programmiert man meist das Doppelte der gemessenen mV oder das Dreifache der gemessenen ms.

4. Impedanzen
Vom Gerät werden automatisch die sog. Impedanzen der Sonden gemessen. Diese Werte werden in Ohm angegeben und beschreiben den Leitungswiderstand der Sonden. Anhand der Werte bzw. deren Änderung im Verlauf der Zeit kann man Beschädigungen an den Sonden erkennen. Von dieser Messung bekommt ihr nichts mit.

Diese oben erklärten Tests werden in gleicher Form auch bei den Defibrillatoren durchgeführt, da diese auch eine Schrittmacherfunktion haben.

Die meisten neueren Geräte können sich automatisch auch selbst testen und die Werte dann anpassen. Dies machen sie meist 1x am Tag automatisch. Zudem haben auch viele Geräte Patientenalarme (Brummen oder Piepen). Diese werden von dem Gerät abgegeben, wenn bei einem Selbsttest Messwerte nicht in Ordnung sind. Wann und ob das Gerät alarmiert, kann individuell programmiert werden. Also sollte euer Gerät mal „komische“ Geräusche machen: nix wie hin zum Kardiologen, bzw. halt dorthin wo euer Gerät regelmäßig abgefragt wird.

Was steht eigentlich in meinem Schrittmacher/Defibrillatorausweis?

  • wann und wo der Schrittmacher/Defibrillator implantiert wurde
  • warum er implantiert wurde
  • wie das Gerät und die Sonden heißen
  • wie es programmiert ist:

A) Grundprogrammierung, z.B. VVI, DDDR, etc. + Grundfrequenz

  • der 1. Buchstabe steht für den Ort, an dem das Aggregat stimuliert (A- Atrium/Vorhof, V- Ventrikel/Herzkammer, D- Dual/beide)
  • der 2. Buchstabe steht für den Ort, an dem das Aggregat schaut ob das Herz etwas macht (Sensing) (A- Atrium/Vorhof, V- Ventrikel/Herzkammer,
    D- Dual/beide)
  • der 3. Buchstabe steht für die Funktion: I- für inhibieren, T- für triggern oder tracken, D-  für dual (beides)
  • der 4. Buchstabe steht für die R- Funktion (rate Response) und verrät, ob der Sensor  eingeschaltet ist oder nicht, d.h. ob der
    Schrittmacher/Defibrillator auf körperliche Belastung mit schneller Schrittmacherstimulation reagieren kann oder nicht

B) das programmierte Sensing (wie genau schaut das Aggregat), das programmierte Output (mit wieviel Strom stimuliert das Aggregat gerade)

C) die Ergebnisse der durchgeführten Tests werden nach der Kontrolle entweder eingetragen oder ein Ausdruck mit in den Ausweis gegeben

!!! Wichtig: tragt euren Ausweis immer bei euch, damit man weiß, dass ihr einen Schrittmacher/ Defibrillator habt und auch von welcher Firma das Gerät ist, weil man nur mit dem firmenspezifischen Abfragegerät den Schrittmacher oder Defibrillator abfragen kann. !!!

Über die Funktion von Schrittmachern und Defibrillatoren könnte man noch viel mehr erzählen…Ich habe mich der Übersicht halber aber auf das für euch Wichtigste konzentriert, und hoffe ich habe damit ein klein wenig Licht ins Dunkel gebracht.