EMAH und dann? Dann fallen Erwachsene, die einen angeborenen Herzfehler haben, in ein medizinisches Versorgungsloch.

Die Betroffenen können zwar in die EMAH – Zentren gehen, aber diese sind meist überlastet und man muss lange auf einen Termin warten. Niedergelassene Kardiologen, können uns behandeln, haben aber nicht immer das nötige Wissen über angeborene Herzfehler. Hinzu kommt, dass bundesweit nur wenige niedergelassene Kardiologen eine EMAH-Zertifizierung besitzen.

Kinderkardiologen, die uns seit Kindheitstagen behandeln und kennen, dürfen uns ab den 18. Lebensjahr nicht weiter behandeln. Dies ist auch nicht möglich, wenn sie eine Zertifizierung haben. Dazu gibt es auch ein Urteil vom Bundessozialgericht aus dem Jahr 2015.

Wie soll es nun weitergehen damit diese Patientengruppe eine adäquate medizinische Versorgung erhalten? Das fragten sich betroffene Eltern mit herzkranken Kindern, EMAH’s, Ärzte, und Politiker. Dazu fand am 02.12 2017 das gemeinsames Symposium der Bundesverein Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen Herzfehler (JEMAH e.V.) und der Kontaktgruppe herzkranker Kinder e.V. (KOHKI e.V.) im Deutschen Herzzentrum Berlin statt.

Das Symposium hatte das Motto „Erwachsene mit angeborenen Herzfehler und dann?“ und stand unter der Schirmherrschaft der Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin, Frau Dilek Kolat und dem Direktor der Klinik für Angeborene Herzfehler/ Kinderkardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin, Herrn Prof. Dr. med. Felix Berger.

Daniel Kobudzinski, 1. Vorsitzender der BV. JEMAH e.V., begrüßte die Teilnehmer mit einleitenden Worten zur Problematik, danach übergab er das Wort an die Senatorin, Frau Dilek Kolat. Sie führte aus, dass es ihr ein großes Anliegen ist, den Betroffenen zu helfen. Sie hat für das Land Berlin gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Lösung erarbeitet, die aber noch nicht zufriedenstellend ist. Sie versprach eine bessere Lösung zu finden, dazu soll im Januar 2018 ein Runder Tisch einberufen werden. Weiterhin muss das Thema bundespolitisch behandelt werden, damit für alle eine einheitliche Lösung gefunden wird. Zudem betonte sie, dass es ihr wichtig ist, dass alle chronisch Kranken eine angemessene medizinische Versorgung erhalten.

Dr. med. Jens Bahlmann (EMAH-zertifizierter Kinderkardiologe) berichtete über seine Erfahrungen in seiner Braunschweiger Praxis. Eine Behandlung von Kindern und Erwachsen mit AhF dauert je nach Komplexheit des Herzfehlers zwischen 30 – 60 Minuten. Dank des medizinischen Fortschritts erreichen die Kinder das Erwachsenalter und haben glücklicherweise eine höhere Lebenserwartung. Um Erwachsene zu behandeln, trotz Zertifizierung, hat er mit einer Krankenkasse eine Vereinbarung getroffen, diese abrechnen zu können. Herr Dr. Bahlmann ist Mitglied im Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler und der EMAH – Taskforce und er schilderte welchen Aufwand und Kosten eine EMAH-Zertifizierung bedeuten. Weiterhin zeigte er auch Wege aus dem Versorgungsloch, z.B. Änderung der Leitlinien uä. Abschließend führte er aus, dass er noch vor zwei Jahren, zum 18jährigen Jubiläum von JEMAH e.V., die medizinische Betreuung der EMAHs sehr pessimistisch gesehen hat, heute aber kleine Verbesserungen sieht, die auch dank des Engagements der Vereine eingetreten sind. Er machte uns Mut den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Vielen Dank an Dr. med. Jens Bahlmann für seinen interessanten Vortrag.

Über die Sorgen und Probleme mit einem herzkranken Kind berichteten Dörthe Schwenk und Nadine La Roche. Sie leiten den Berliner Elternstammtisch Herzchen Power vom Herzkind e.V. Beide erzählten ergreifend, was sie mit ihren HERZchen im Krankenhaus, zu Hause, in der Kita und in der Schule durchmachten und machen. Sie berichteten von ihrem steinigen Weg bei der Kindergarten- und Schulsuche. Welche Vorbehalte, Ängste und Unwissenheit es bei Leiterinnen, Direktoren, Lehrern und anderen Kindern und Mitschülern gab. Beiden Kindern geht es heute gut, sie sind zwei fröhliche Kinder, die mit ihren herzgesunden Geschwistern das Leben genießen.

Nach der Pause berichtete Dr. med. Heike Koch, EMAH-Zertifizierte Kinderkardiologin, aus ihrer Praxis in Berlin. Sie erklärte uns die Behandlungsmethoden bei einem komplexen Herzfehler. Sie bestätigte die Ausführungen von Dr. med. Jens Bahlmann und das sich umgehend etwas in der Versorgung ändern muss.

Kai Rüenbrink, der Pressesprecher des Aktionsbündnisses, sprang dankender Weise für die kurzfristig erkrankte Siegrid Schröder ein. Er erzählte uns über die Entstehung und Gründung des Aktionsbündnisses. Zum Anfang bestand dieses nur aus Elternvereinen. Die BV. JEMAH e.V ist erst später dazu gekommen. Er erläuterte, welche Ziele sie haben und wie es mit dem Bündnis weitergehen soll.

Als letzter Vortrag war die Einschätzung vom stellvertretender Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. med. Burkhard Ruppert. Herr Dr. Ruppert ist Kinderarzt und erst seit kurzem im Vorstand der KV Berlin. Er hat Verständnis für die Situation und konnte auch berichten, dass es bereits eine Veränderung für Berlin gibt: Wenn einem Kardiologen die Kenntnisse fehlen, ein Kind mit angeborenem Herzfehler, das erwachsen geworden ist, zu behandeln, darf er den Patienten an einen Kinderkardiologen überweisen. Noch nicht ganz klar ist die Umsetzung dieser Festlegung und von wieviel Patienten ausgegangen werden muss, dazu gibt es keine Statistiken.

Der letzte Programmpunk war die gut einstündige Diskussion, die durch die beiden Moderatoren Daniela Seek und Torsten Seifert geleitet wurde. Es war eine angeregte Diskussion mit vielen Fragen, die insbesondere die im Publikum anwesenden Ärzte an den stellv. Vorsitzenden der KV richteten. Auch Herr Dr. Ruppert ließ sich von den Ärzten einiges aus ihrer täglichen Praxis erläutern. Er konnte keine Zusagen machen, versprach aber, sich der Fragen anzunehmen und zu praxisnahe Lösungen zu finden. Im Anschluss wurde die JEMAH e.V. von den anwesenden Kinderkardiologen für ihren Einsatz gelobt. Sie haben den Eindruck, dass sich durch die Arbeit des Patientenverbandes eine Menge getan hat. Schon allein, dass die Senatorin und der Vorstand der KV an dem Symposium teilnahmen und sich die Sorgen angehört haben, ist ein erheblicher Fortschritt.