Geboren mit einem schweren Herzfehler – trotzdem voller Leben.
Hannes ist ein Mensch, der weiß, wie sich das Leben von Grund auf verändern kann – von heute auf morgen, ohne Vorwarnung. Und er ist jemand, der gelernt hat, sich nicht unterkriegen zu lassen. Wer ihn heute trifft, erlebt einen ruhigen, reflektierten jungen Mann mit klaren Zielen. Mit 26 Jahren steht er im Berufsleben, engagiert sich für andere, hat seinen Platz gefunden – trotz aller Herausforderungen, die ihn von Beginn an begleitet haben.
Seine Lebensgeschichte beginnt 1996. Direkt nach der Geburt stellen die Ärzte bei Hannes einen komplexen, angeborenen Herzfehler fest. Die Prognosen sind düster: Niemand weiß, ob das Neugeborene Tage, Wochen oder Monate überleben wird. Die Familie entscheidet sich dennoch, ihn mit nach Hause zu nehmen – in dem Bewusstsein, dass sie jeden Moment genießen, aber auch jederzeit Abschied nehmen könnten.
Doch Hannes gibt nicht auf. Die ersten Wochen, Monate, Jahre vergehen. Immer wieder stehen Untersuchungen an, Krankenhausaufenthalte gehören zum Alltag. Bereits mit wenigen Monaten muss eine erste Operation durchgeführt werden, um sein Leben zu stabilisieren. Die Hoffnung wächst: Die Entwicklung verläuft besser als erwartet, die Familie schöpft Zuversicht.
Doch das Schicksal bleibt unberechenbar. Im Alter von dreieinhalb Jahren treten plötzlich Koordinationsprobleme auf. Die niederschmetternde Diagnose: ein Tumor im Kleinhirn. Für die Eltern bedeutet das eine erneute Extremsituation – neben der Herzproblematik kommt nun eine lebensbedrohliche Krebserkrankung hinzu.
Es folgen Jahre voller medizinischer Eingriffe, Chemotherapie, Reha-Maßnahmen und unzählige Tage auf Klinikstationen. Trotz aller Belastungen meistert Hannes diese Zeit mit beeindruckender Disziplin. Die Therapie hinterlässt Spuren: Einschränkungen in der Motorik, Hörprobleme, Sehstörungen – doch auch daran arbeitet er sich Stück für Stück heran.
Mehrmals kehrt der Tumor zurück. Weitere Operationen sind notwendig. Komplikationen führen zu Gesichtslähmungen, Hannes verliert zeitweise seine Gehfähigkeit. Mit Physiotherapie, Beharrlichkeit und einem strukturierten Umfeld kämpft er sich zurück ins Leben. Die bleibenden körperlichen Einschränkungen, darunter ein deutlich sichtbarer Schielwinkel, begleiten ihn bis heute.
Trotz aller Rückschläge verliert Hannes nicht den Blick für das Wesentliche. Früh entwickelt er eine große Leidenschaft für das Star Wars-Universum. Die fiktiven Geschichten von Mut, Überwindung und Technik faszinieren ihn – bis heute sammelt er Modelle, Literatur und Fanartikel. Seine Sammlung ist geordnet, katalogisiert, über die Jahre gewachsen – und steht sinnbildlich für seine strukturierte Art, Dinge anzugehen.
Sein Alltag bleibt geprägt von medizinischen Kontrollen und Einschränkungen. Schwimmen zu lernen, war ein lang gehegter Wunsch, den er sich mit viel Anstrengung und Disziplin erfüllt. Auch das Fahrradfahren gelingt – nicht ohne Stürze, Rückschläge und Anpassungen. Ein spezielles Reha-Fahrrad mit E-Unterstützung gibt ihm schließlich mehr Mobilität und Unabhängigkeit.
Die Schulzeit beginnt verspätet, Hannes besucht eine Montessori-Schule, findet dort seinen Platz. Die Lehrer erkennen früh seinen Ehrgeiz und seine Verlässlichkeit. Mit ärztlicher Unterstützung und individueller Förderung schafft er, trotz gesundheitlicher Belastungen, den erfolgreichen Schulabschluss.
Ein Meilenstein ist die Fontan-Operation, mit der sein Herzkreislauf umstrukturiert wird – eine Operation, die mehrere Stunden dauert und sein Leben ein weiteres Mal verändert. Die Zeit nach dem Eingriff ist hart: Wochenlang Klinikaufenthalte, künstliches Koma, die bange Hoffnung, Weihnachten zuhause feiern zu können. Doch mit Geduld und Ausdauer kämpft Hannes sich zurück. Langsam, aber stetig kehrt er in den Alltag zurück.
Die Jahre vergehen. Trotz permanenter medizinischer Begleitung, Einschränkungen im Sportunterricht und regelmäßiger Kontrolluntersuchungen arbeitet sich Hannes weiter nach vorn. Immer wieder muss er akzeptieren, dass seine Belastbarkeit geringer ist als die anderer in seinem Alter – doch er findet seinen Weg, Schritt für Schritt.
Die berufliche Zukunft beginnt mit einer kaufmännischen Ausbildung. Trotz anfänglicher Hürden, zusätzlicher Unterstützung und klarer Zielstrebigkeit schließt er die Ausbildung erfolgreich ab. Dennoch bleiben die Hürden bestehen – Arbeitslosigkeit, die zermürbende Suche nach einem passenden Arbeitgeber, Vorurteile wegen seiner Einschränkungen.
Doch Hannes bleibt standhaft. Er bildet sich weiter, startet eine zweite Ausbildung zum Kinderpfleger. Diese Entscheidung, die zunächst ungewöhnlich erscheint, wird zu einer seiner besten Erfahrungen. Die Klassengemeinschaft, die praktischen Einsätze, der Umgang mit Kindern – all das bestätigt seinen Weg. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen gehört Hannes zu den Besten seines Jahrgangs.
Nebenbei erarbeitet er sich weitere Unabhängigkeit: Er macht den Führerschein, unternimmt Reisen, wagt den ersten Flug, besucht mit seiner Familie London. Er ist vorsichtig, plant vorausschauend, kennt seine Grenzen – doch er lässt sich nicht von seinen Möglichkeiten abbringen.
Eine zusätzliche psychische Erkrankung, ausgelöst durch die Erlebnisse seiner Kindheit, fordert ihn erneut. Doch auch hier stellt er sich der Situation, sucht professionelle Hilfe, beginnt eine Therapie. Seine Fähigkeit, Herausforderungen sachlich anzugehen und strukturiert Lösungen zu suchen, hilft ihm auch hier.
Seine Arbeit beim Familiennachsorgeverein ELISA verbindet seine berufliche Kompetenz mit seinen eigenen Erfahrungen als Betroffener. Seine Kollegen schätzen ihn für seine Verlässlichkeit, seine ruhige, sachliche Art und seine Fähigkeit, mit belastenden Themen professionell umzugehen.
Kontrolltermine in der Kardiologie, ein notwendiger Herzkatheter, kleinere medizinische Eingriffe – sie bleiben Bestandteil seines Lebens. Doch Hannes lässt sich davon nicht bestimmen. Er bleibt bodenständig, strukturiert, zielorientiert.
Heute lebt er mit einem klaren Bewusstsein für seine Grenzen – aber auch für seine Erfolge. Sein Weg war lang, steinig, geprägt von Rückschlägen, Operationen und Schicksalsschlägen. Doch Hannes hat all diese Herausforderungen angenommen, sie gemeistert – und nie aufgehört, nach vorn zu blicken.
Hannes hat das alles erreicht TROTZ angeborenem Herzfehler und vielen Schicksalsschlägen.