Konzeption und Schulung von Dipl. Psych E. Schmidt, Dr. Dipl. Psych. A. Schöpf, Prof. Dr. E. Farin Glattacker: KOKOS – Patientenschulung für Kommunikationskompetenz in Arztgesprächen. Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Qualitätsmanagement und Sozialmedizin.

1 Wie funktioniert die Kommunikation zwischen dem Arzt und dem Patient?

Gemäß dem 1. Aximon des Kommunikationspsychologen Paul Watzlawick kann man nicht nicht kommunizieren. In Gegenwart anderer ist also jedes Verhalten Kommunikation – selbst wenn man nichts sagt. Beachtet man dieses Axiom, so kann dies helfen dem Gegenüber erfolgreich die eigenen Anliegen zu zeigen. Generell liegt erfolgreiche Kommunikation immer dann vor, wenn der andere das versteht und tut was man selbst möchte. Im Arzt-Patienten-Gespräch bedeutet dies der Arzt tut das was ihr selbst möchte und ihr geht am Ende zufrieden nach Hause. Ein typisches Missverständnis in einem Arzt-Patienten-Gespräch bei dem die Kommunikation misslingt weil das 1. Watzlawick’sche Axiom missachtet wird, ist im folgendem Beispiel dargestellt: Während der Arzt furchtbar komplizierte Dinge wie das Krankheitsgeschehen oder die weitere Therapie erklärt, sagt der Patient nichts. Vielleicht nickt der Patient dabei noch etwas mit dem Kopf. Jetzt denkt der Arzt der Patient habe alles verstanden. Der Arzt denkt der Patient wird die Medikamente wie besprochenen einnehmen. In Wirklichkeit hat der Patient aber Garnichts verstanden und weiß auch nicht wie er die Medikamente nehmen soll. Es kann sogar passieren, dass der Arzt am Ende den Patienten fragt ob er alles verstanden hat und der Patient ja antwortet, obwohl der Patient in Wirklichkeit wieder Garnichts verstanden hat.
MERKE: Sagt dem Arzt was in euch vorgeht, denn der Arzt kann ist kein Hellseher und kann eure Gedanken nicht lesen.

Bei Arzt-Patienten-Gesprächen ist es außerdem wichtig zu betrachten welche Einflüsse von außen das Gespräch beeinflussen. Auf der Seite des Arztes können hier Vorgaben der Krankenkasse stehen, die ihn dazu bringen bestimmte Vorschläge zu machen oder ihn zwingen manche Bitten des Patienten ablehnen zu müssen. Der Patient selbst wiederum kann von Wünschen und Erwartungen seiner Familienangehörigen und Freunde beeinflusst werden. Auch die finanziellen Möglichkeiten, die der Patienten hat, können das weitere Vorgehen, auf das sich Arzt und Patient einigen, beeinflussen.

Ein besonders wichtiger Einflussfaktor ist wieviel Zeit für das Gespräch zur Verfügung steht. Meistens ist die Zeit für das Gespräch knapp. Im folgendem werden Strategien gezeigt um die knappe Zeit effektiv nutzen zu können. Wer es ganz genau nimmt, kann seinen Arzt zu Beginn des Gesprächs ganz direkt fragen wieviel Zeit denn zur Verfügung steht.

MERKE: Wer sein Gespräch gut vorbereitet und sich aktiv am Gespräch beteiligt, kann seine Zeit besser nutzen.

2. aktives Gesprächsverhalten

Grundsätzlich kann man das Gesprächsverhalten in aktives und passives Verhalten einteilen. Passives Gesprächsverhalten ist z.B. der Versuch ganz gelassen zu wirken obwohl man selbst total aufgeregt ist. Oder den Arzt einfach reden lassen und auch abzuwarten was der Arzt macht. Passives Gesprächsverhalten ist auch, wenn man selbst etwas nicht verstanden hat, darauf zu hoffen, dass der Arzt es nochmal erklärt. Zum passiven Verhalten gehört auch eine vom Arzt empfohlene Therapie nicht zu machen ohne dies dem Arzt zu sagen, genauso wie die verordneten Medikamente wegzuwerfen, ohne es dem Arzt zu sagen.

Hiervon unterscheidet man das aktive Gesprächsverhalten. Dazu gehört sich vor dem Gespräch zu überlegen was man vom Arzt möchte. Aktives Gesprächsverhalten ist auch Rückfragen zustellen, wenn man etwas nicht richtig verstanden hat. Dabei ist es auch völlig in Ordnung dieselbe Frage nochmal zu stellen, wenn man etwas immer noch nicht verstanden hat. Zum aktiven Gesprächsverhalten gehört auch Fragen nach möglichen Nebenwirkungen von Mendikanten zu stellen und mit dem Arzt über die eigenen Ängste und Bedenken zu sprechen. Es dem Arzt zu sagen, wenn man den Sinn einer Therapie nicht versteht, ist ebenfalls aktives Gesprächsverhalten. Dazu gehört auch es dem Arzt ehrlich zu sagen, wenn man mit seiner Behandlung unzufrieden ist. Wie man dieses heikle Thema am besten anspricht wird im →Unterkapitel Feedback beschrieben.

Aber was ist denn nun besser, aktives oder passives Gesprächsverhalten? Aktives Gesprächsverhalten hat ein paar Nachteile. Es kann nämlich zu Spannungen und Konflikten zwischen Arzt und Patient führen. Wer es mit dem aktiven Gesprächsverhalten übertreibt könnte von manchen Ärzten als schwieriger Patient angesehen werden. Bei aktivem Gesprächsverhalten hat der Patient immer gewisse Erwartungen an das Gespräch. Wenn diese beim Arztbesuch nicht erfüllt werden, könnte dies bei dem Patienten zu Frustration führen.
Auch wenn aktives Gesprächsverhalten ein paar Nachteile hat, die Vorteile überwiegen deutlich. Es konnte wissenschaftlich bewiesen werden, dass Patienten, die ihre Gespräche aktiv gestalten, insgesamt gesünder sind, als Patienten, die sich passiv vom Arzt durch das Gespräch führen lassen. Da es am Ende ja vor allem auf die Gesundheit ankommt, ist allein dies ein wichtiger Grund die eigenen Arztgespräche aktiv zu gestallten. Ein weiterer Vorteil ist, dass Patienten durch aktive Gesprächsführung weniger Ängste und Befürchtungen in Bezug auf die Krankheit oder Behandlung haben. Denn die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten können so berücksichtigt werden. Außerdem ist es so möglich gemeinsam mit dem Arzt über den weiteren Behandlungsplan zu entscheiden. Auch sind die Patienten durch aktive Gesprächsführung zufriedener mit ihren Arztgesprächen und -besuchen. Zu guter letzte kann der Patient so besser nutzen. Im nächsten Kapitel wird eine weitere Möglichkeit wertvolle Zeit zu sparen beschrieben.
MERKE: Oft ist es das Beste das Gespräch aktiv in die Hand zu nehmen.

3 Vorbereitung der Gespräche
3.1 Informationen auflisten

Ein Bestandteil jeder Untersuchung ist die sogenannte Anamnese, bei welcher der Arzt die für ihn relevante Informationen erfragt. Manchmal nimmt dieser Teil der Untersuchung viel Zeit in Anspruch. Um die knappe Zeit, die der Arzt für seine Patienten hat, besser nutzen zu können, hilft es wichtige Informationen für den Arzt im Voraus zu sammeln und aufzulisten. Außerdem könnt ihr so sicherstellen keine wichtigen Details zu vergessen. Wer regelmäßig beim selben Arzt behandelt wird muss selbstverständlich nicht jedes Mal die komplette Krankengeschichte wiedergeben.

Typische Informationen, nach denen der Arzt fragt, sind im folgendem aufgelistet:
• aktueller Gesundheitszustand und Beschwerden: wann und wie oft treten die Beschwerden auf? Gibt es Auslöser? Haben sich bestehende Beschwerden verändert? Sind neue Beschwerden dazu gekommen? Gibt es Situationen in denen die Beschwerden schlechter oder besser werden?
• die bisherige Behandlung:
• alle Medikamente und deren Dosierungen: hierzu zählen sämtliche Medikamente, die man einnimmt. Also auch solche, die andere Ärzte verordnet haben sowie die Anti-Baby-Pille. Außerdem gehören hier nicht-verschreibungspflichtige Medikamente oder Vitamine dazu, die man sich selbst gekauft hat.
• ferne gehören zur Behandlungen auch Dinge wie z.B. Krankengymnastik oder Atemtherapie und Arztbesuche bei anderen Ärzten.
• die gesamte Krankengeschichte: alle Krankheiten, bisherige Operationen, Allergiene und Medikamentenunverträglichkeiten, Krankheiten von Familienangehörigen.
• aktuelle Lebenssituation: Wie läuft es mit Familie, Freunden und beruflich? Gibt es besonderen Stress oder andere Belastungen?
• sonstige wichtige Details für den Arzt
MERKE: Wer alle wichtigen Informationen schon parat hat, spart wertvolle Zeit.

3.2 Zielsetzung für das nächste Arztgespräch

Um seine eigene Gesundheit zu verbessern und Arztgesprächen erfolgreicher bewältigen zu können, braucht man Ziele. Sie sind der Antrieb dafür etwas zu verändern und zu verbessern. Damit wir alle vom selben Sprechen, müssen wir zuerst klären was eine Ziel ist. Ein Ziel ist ein angestrebter Zustand, der in der Zukunft liegt, bei dem etwas erreich werden soll, was sich meist von dem was aktuell vorliegt unterscheidet und man muss selbst etwas tun um das Ziel zu erreichen. Gerade der letzte Teil ist wichtig, denn an dieser Stelle unterscheiden sich Wunsch und Ziel. Während ein Wunsch beschreibt was in der Zukunft sein soll, beschreibt ein Ziel zusätzlich wie man dorthin kommt und was man dafür tun muss. Um sein Ziel erreichen zu können, muss man also selbst aktiv werden.
MERKE: Ziele sind der Motor für Veränderung. Das eigene Verhalten ist entscheidend dafür, ob man seine Ziele erreicht.

3.2.1 Ziele formulieren und ordnen

Für das Formulieren eines Ziels kann die SMART Regel hilfreich sein. Die Regel enthält 5 Stichworte mit denen man überprüfen kann ob man sein Ziel gut formuliert hat. Ein gut formuliertes Ziel enthält alle 5 Merkmale:
S Spezifisch: Hier soll so präzise wie möglich beschrieben werden was erreicht werden. Das Ziel sollte dabei eindeutig und ausreichend detailliert formuliert sein. Das heißt, das Ziel beschreibt erstens das was erreich werden soll und zweitens was man selbst tuen wird um es zu erreichen.
Das Ziel dabei leicht verständlich zu formulieren kann hilfreich sein um sich während des Arzt-Gespräches besser erinnern zu könne. Um Verwirrung vorzubeugen sollte das Ziel möglichst positiv formuliert sein. So wäre die positive Formulierung „Ich möchte alles verstehen was mir mein Arzt erklärt“ besser als „Ich will nicht wieder mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf nach Hause gehen.“ Von zweiten Formulierung merkt man sich vielleicht nur Verwirrung und Fragezeichen – kein gutes Ziel.
M Messbar: Wie kann ich den Erfolg messen? Das Ziel sollte so formuliert werden, dass man selbst feststellen kann ob man erfolgreich war. Ist das Ziel die eigene Therapie und Medikamente zu verstehen, so könnte man am Ende das Gespräches rekapitulieren und schauen ob noch Fragen offen geblieben sind.
Wenn das Ziel die eigene Fitness ist, so wäre es besser zu definieren wie weit man laufen können möchte oder wie viele Treppen man steigen möchte, anstatt zu definieren wie groß die im Echo gemessene Auswurfleistung des Herzens sein soll. Das letzte kann nur der Kardiologe messen.
A Angemessen: Ist das Ziel einerseits anspornend und andererseits erreichbar? Da wie oben diskutiert wurde, mit einem Ziel immer eine Veränderung erreicht werden soll, sollte diese Veränderung natürlich eine gewisse Herausforderung sein auf die man später stolz sein kann. Auf der anderen Seite ist es aber genauso wichtig ein Ziel zu haben, welches man selbst überhaupt erreichen kann. Beides hängt sehr stark davon ab wo man startet und über welche individuellen Möglichkeiten man verfügt.
R Relevant: Ist das Ziel wichtig für mein Leben? Ein gut formuliertes Ziel passt zu den eigenen Wünschen im Leben. Hier ist es auch wichtig nicht darauf hereinzufallen die Wünsche anderer zum Ziel zu erklären. Das Ziel soll euer eigenes sein, nicht das eurer Freunde oder Eltern.
T Terminiert: Enthält das Ziel einen Zeitpunkt an dem man es erreich haben möchte? Ist es ein kurzfristiges oder langfristiges Ziel? Manche Ziele lassen sich schon beim nächsten Arztbesuch umsetzen. Andere Ziele brauchen mehr Zeit. Ganz sicher hilft es nicht den Zeitraum offen zu lassen und die erwünschte Veränderungen dann auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben.

Beispiel: Stellt euch vor ihr gehört zu den JEMAHs, die in Arztgesprächen eher passiv und zurückhaltend sind. Ihr nehmt das Medikament Captopril und bemerkt schon seit längerer Zeit einen störenden Husten. Jetzt habt ihr im Beipackzettel gelesen, dass Husten eine Nebenwirkung von Captopril ist. Eigentlich möchtet ihr dem Arzt gerne nach einer Alternativen fragen traut euch aber nicht, weil der Arzt immer so wenig Zeit für euch hat. Deshalb seid ihr in der Vergangenheit schon oft mit unbeantworteten Fragen nach Hause gegangen. Jetzt wollt ihr es besser machen. Dann könnte euer Ziel für das nächste Arzt-Gespräch lauten:
Beim nächsten Arzttermin werde ich den Arzt bitten mir wegen des Hustens ein anderes Medikament als Ersatz für Captopril zu verschreiben.

Das Ziel ist spezifisch, weil es erstens beschreibt was ihr erreichen möchtet („ein anderes Medikament“) und es zweites genau beschreibt was ihr tun müsst, damit ihr das Ziel erreicht („den Arzt bitten“). Wenn euch der Arzt ein Rezept für Candesartan oder etwas Ähnliches mitgegeben hat, habt ihr einen messbaren Erfolg erzielt. Weil es euch einerseits Überwindung kostet den Arzt um etwas zu bitten, ihr aber andererseits daran glaubt dieses genug Mut zu haben dem Arzt eure Bitte vorzutragen, ist es angemessen. Es ist relevant, weil ihr „wegen des Hustens“, der euch stört, ein anderes Medikament braucht. Da ihr es „beim nächsten Arzttermin“ tun möchtet ist es auch terminiert.
MERKE: Ob ein Ziel gut formuliert ist kann man mit der SMART Regel überprüfen. Ein gutes Ziel ist spezifisch, messbar, angemessen, relevant und terminiert.
MERKE: Beginnt mit dem wichtigsten Ziel.

3.3 Während des Gesprächs

Bis hier haben wir schon viele Gründe für ein aktives Gesprächsverhalten diskutiert und Strategien kennengelernt, die helfen selbst aktiv zu werden. Allerdings können im Gespräch verschiedene Schwierigkeiten auftreten, die es erschweren aktiv zu werden. Oft verbirgt sich dahinter Angst. Angst peinliche Themen anzusprechen, Angst davor Fragen zu stellen, Angst die Zeit des Arztes zu verschwenden, Angst dem Arzt ehrlich zu sagen, dass man seine Erklärungen nicht versteht. Im folgendem geht es deshalb um Strategien zum Abbau von Gesprächsbarrieren.

3.3.1 Effizient kommunizieren

Aus zwei Gründen ist es wichtig die eigene Botschaft mit möglichst wenigen Worten zu übermitteln. Zum einen ist wie schon mehrfach erwähnt die Zeit im Arzt-Gespräch knapp. Wer sein Anliegen in kürzerer Zeit vermittelt, hat mehr Zeit für weitere Anliegen. Außerdem ist unser Gehirn schon grundsätzlich nur für kurzes zuhören verdrahtet. Hört man langen Monologen wird man unaufmerksam, verliert den Faden und schweift ab. Die eigene Botschaft möglichst kurz zu verpacken kann, lässt sich üben. Es ist dabei hilfreich nach folgenden 3 Schritten vorzugehen.

• Die Kernbotschaft übermitteln: Ich habe Husten und glaube es ist eine Nebenwirkung von Captopril. Kann das sein?
• Auf dieser Kernbotschaft aufbauend dem weitere wichtige Informationen geben: Diesen Husten habe ich erst, seitdem ich Captoril nehme. Jetzt habe ich im Beipackzettel gelesen, dass Husten eine häufige Nebenwirkung ist. Dieser Husten ist wirklich lästig für mich.
• Jetzt den Arzt zu Wort kommen lassen. Nur wenn man sein Gegenüber Gelegenheit gibt auch etwas zu sagen, kann ein Meinungsaustausch stattfinden.
MERKE: Effizient kommunizieren hilft dem Gegenüber das Anliegen zu verstehen, spart Zeit und lässt sich üben.
Übung: Setzt euch auf dem nächsten Regionaltreffen in Zweiergruppen zusammen. Ihr spiel abwechselnd Arzt und Patient. Der Patient überlegt sich was er dem Arzt gerne sagen möchte und versucht sich dabei an die oben beschriebenen Regeln zu halten. Die selbe Übung könnt ihr auch zu Hause machen.

3.3.2 Aktives Verhalten im Gespräch

Im Folgenden werden Techniken vorgestellt um dem Arzt gezielter Fragen stellen zu können, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu äußern, die eigene Meinung zu vertreten und für diese einzustehen. Anschließend geht es darum wie man ein Feedback gibt und konstruktiver Kritik übt.

Fragen stellen

Um die eigenen Fragen künftig besser stellen zu können, ist zuerst nötig kommunikations-theoretische Grundlagen der Fragen zu beleuchten. Dann lassen sich zwei Arten von Fragen unterscheiden:
geschlossene Fragen: Sie können vom Gegenüber nur mit ja oder nein beantwortet werden. Sie sind hilfreich um gezielte Informationen zu erhalten. Allerdings sind die Antwortmöglichkeiten beschränkt, so dass hier Informationen verloren gehen können.
Wird mein Husten besser, wenn wir auf Captopril verzichten? – Ja, es gibt Alternativen zu Captorpil, die keinen Husten auslösen.
offene Fragen: Die Antworten sind hier ausführlicher, da offene Fragen nicht einfach mit ja oder nein zu beantwortet werden können. Offene Fragen beginnen häufig mit Was? Warum? Wann? Wo? Wieviel?
Was kann man gegen diesen Husten machen? – Wir können versuchen von Captopril auf ein Sartan umzustellen. Aber ich denke ihre Herzerkrankung ist schon so weit fortgeschritten, dass Sie Ihren Husten damit nicht loswerden. Erst wenn wir ihre Herzklappe ersetzt haben, hört der Husten endgültig auf. Wenn wir ihr Sputum auf Herzfehlerzellen untersuchen wissen wir ob die Herzklappe Ursache des Hustens ist.
Je nach Situation ist eine geschlossene oder offene Frage geeigneter. Macht euch klar was ihr mit eurer Frage erreichen wollte. Wenn etwas unverständlich bleibt, traut euch den Arzt zu fragen.
MERKE: Habt Mut zu fragen! Geschlossene Fragen lassen sich mit ja oder nein beantworte. Auf offene Fragen folgen längere Antworten. Welche Frage einen weiter bringt entscheidet die Situation.

Bedürfnisse und Wünsche äußern

Für den Aufbau einer guten Gesprächsatmosphäre, in der man eigene Wünsche und Bedürfnisse klar äußern kann, kann die folgende Methode Orientierung geben. Ein Gespräch kann dafür in 5 Phasen eingeteilt werden. Da das Gespräch von der Phase der Kontaktaufnahme und der Abschlussphase umgeben wird, nennt man diese die Sandwich-Methode.
• Kontaktaufnahme: Hier wird zunächst der persönliche Kontakt aufgenommen und eine angenehme Gesprächsatmosphäre geschaffen. Gerade bei schwierigen Gesprächen ist eine freundliche Kontaktaufnahme wichtig.
• Informationsphase: Jetzt werden die Rahmenbedingungen des Gesprächs geklärt. Diese Phase ist optimal um die eigenen Themen der Agenda zu nennen. So weiß der Arzt wie groß der Diskussions- und Informationsbedarf ist und wie ausführlich die einzelnen Themen besprochen werden können. Hier kann man sich auch danach erkundigen wieviel Zeit insgesamt zur Verfügung steht.
• Diskussionsphase: Diese Phase ist länger als die vorangegangenen. Jetzt werden Argumente ausgetauscht. Wie man das machen kann wird im folgenden → Unterkapitel Argumentieren beschrieben. In dieser Phase ist Raum um verschiedene Meinungen und Standpunkte auszutauschen.
• Beschlussphase: Das eben diskutierte wird zusammengefasst und man einigt sich mit dem Arzt auf den weiteren Behandlungsplan. Hier ist es wichtig den Behandlungsplan erstens überhaupt zu verstehen und zweitens mit dem Plan auch selbst einverstanden zu sein.
• Abschlussphase: Mit einer freundlichen Verabschiedung kann man selbst nach hitziger Diskussionsphase die Arzt-Patientenbeziehung wieder zurecht rücken.
Die erst und die letzte Phase sind wichtig um die persönliche Beziehung zum Arzt zu pflegen. Falls Unstimmigkeiten im Gespräch auftreten helfen diese Phasen ein wertschätzendes Verhältnis mit gegenseitiger Sympathie zu erhalten.
MERKE: Begrüßung und Abschied sind wichtig für das persönliche Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Wer eigene Anliegen hat sollte sie nach Möglichkeit zu Beginn in der Informationsphase nennen. Anschließend werden solange Argumente ausgetauscht bis ein Beschluss gefasst werden kann, mit dem beide Seiten einverstanden sind.

Argumentieren

Argumentieren bedeutet nicht nur seine eigene Meinung zu äußern, sondern auch zu begründen weshalb man dieser Meinung ist. Dabei ist es völlig in Ordnung, wenn Arzt und Patient verschiedene Meinungen haben. Wer dabei seine eigene Meinung gut begründet, wird von seinem Arzt besser verstanden. Jetzt ist es leichter eine gemeinsame Lösung zu finden. Die folgende 5 Punkte Regel kann eine Hilfestellung sein die eigene Meinung zu begründen
• Den eigenen Standpunkt nennen: „Ich denke….“ „Mein Problem ist….“ „Ich möchte Sie darüber informieren, dass ….“
„Ich möchte gerne das Medikament wechseln…“
• Den eigene Vorteil oder Nutzen nennen: „…weil…“ „…da…“ „….wegen…“ „Der Grund für mich ist…“
„…da ich es nicht vertrage.“
• Den eignen Standpunkt mit einem Beispiel belegen: „Zum Beispiel…“ „In letzter Zeit…“ „Ich merke es daran, dass…“ „Immer wenn ich …“
„In letzter Zeit hatte ich von Captopril immer so schlimmen Husten, dass ich bei meiner Arbeit Mühe hatte mit meinen Kunden zu telefonieren.“
• Eine Schlussfolgerung aus der eigenen Sichtweise ziehen: „Das bedeutet für mich…“ „Ich bin der Meinung, dass ….“
„Deshalb möchte ich Captopril nicht mehr nehmen.“
• Das Argument abschließen, beispielsweise mit einer Frage und die Reaktion des Arztes abwarten: „Ich würde mich freuen, wenn…“ „Können Sie sich vorstellen, dass…“ „Ich würde Sie bitten ….“
„Ist es möglich, dass Sie mir ein anderes Medikament verschreiben?“
Werden z.B. zu viele Gründe genannt bleibt die eigene Meinung oft unverständlich. Ungünstig ist auch wenn auf eine Behauptung keine Begründung folgt oder die Reaktion des Arztes nicht abgewartet wird. Argumentieren macht nur Sinn, wenn man selbst überhaupt an einem wirklichen Meinungsaustausch interessiert ist. Das bedeutet jetzt nach dem eigenen Argument dem Arzt auch Gelegenheit zu geben seine Meinung zu äußern.
MERKE: Ein Argument besteht aus dem eigenen Standpunkt, dessen Begründung, einem Beispiel, der eigenen Schlussfolgerung und einem Abschluss. Argumentieren bedeutet nach den eigenen Argument sich die Argumente des andern auch anzuhören.

Feedback geben und Kritik üben

Ein Feedback ist eine Rückmeldung für den Gesprächspartner in der man seinem Gesprächspartner mitteilt, wie dessen Verhalten auf einen selbst wirkt. Wenn einen das Verhalten des Arztes stört, so bietet ein Feedback die Möglichkeit dies anzusprechen um künftig besser miteinander zurecht zu kommen. Nun gefällt es aber niemanden, wenn einem Kritik wie ein Waschlappen ins Gesicht geknallt wird. Auch dem Arzt sollte man sie wie einen warmen Mantel reichen, in den er hinein schlüpfen kann. Wie man ein Feedback wertschätzend übermittelt kann, zeigt die SAG ES-Regel:
S Sichtweise schildern:
„Mir ist aufgefallen, dass Sie die Tür zum Behandlungszimmer offen gelassen haben.“
A Auswirkungen beschreiben, so dass dem anderen die eben geschilderte Sichtweise klarer wird:
„So können uns die anderen Patienten hören.“
G Gefühl benennen. Dieser Teil ist besonders wichtig, da die geäußerten Gefühle dem anderen helfen das Feedback zu verarbeiten. So wird dem Gesprächspartner die Wirkung sein eigenes Verhalten bewusst gemacht.
„Dann traue ich mich nicht intime Details mit ihnen zu besprechen.“
E Erfragen wie der andere die Dinge sieht. Nach der Frage sollte man unbedingt eine Pause in eigenen Gesprächsfluss einlegen um dem Gegenüber die Möglichkeit zu geben auf das Feedback zu antworten: „Wäre es für Sie in Ordnung künftig die Tür zu schließen?“ -Pause & Antwort-
S Schlussfolgerung nennen: „Gut, dass wir uns einig sind.“
Ein gutes Feedback besteht zunächst darin dem anderen die Auswirkungen des Verhaltens des anderen zu schildern und die eigenen Gefühle zu benennen, die dieses Verhalten auslöse. So wird dem Gesprächspartner klar was einem an dessen Verhalten stört und wieso man das selbst überhaupt wichtig findet. Ein Feedback lebt davon nun die Antwort des anderen anzuhören. Wer nämlich an der Antwort seines Gesprächspartners nicht Interessiert ist, lässt bei diesem einfach nur Dampf ab. Wer sein Gegenüber beschimpft, mahnt, droht, beschwört, lächerlich macht oder ihm Befehle erteilt, bekommt als Antwort eher eine Trotzreaktion. So verbessert sich Garnichts an den Umständen, die einen selbst stören.

Am Ende des Meinungsaustausches rundet eine Schlussfolgerung das Feedback ab. Nach der zu Beginn geübten Kritik ist dies wichtig um die Beziehung zum Gesprächspartner zu pflegen.
Ein Feedback muss kein Vehikel sein um Kritik zu üben. Es kann auch eine Rückmeldung sein, wenn etwas gut war. Auch Dinge, die einem Gefallen sollte man seinem Arzt mitteilen. Diese positive Verstärkung führt dazu, dass der Arzt das erwünschte beibehält.
MERKE: Ein Feedback besteht daraus die Sichtweise und Auswirkung zu schildern und dabei die eigenen Gefühle zu benennen. Nachdem man die Sicht des anderen auf die Dinge erfragt hat, hört man dessen Antwort an und rundet das Feedback am Ende mit einer Schlussfolgerung ab. Eine Eselbrücke hierfür ist die SAG-ES Regel.

4 Nachbereiten des Artgesprächs

Nach dem Arztgespräch sollte man sich grundsätzlich einen Moment Zeit nehmen um über das was gesagt wurde nachzudenken und es sacken zu lassen. Um sich an das Gesagte und die gefällten Beschlüsse besser erinnern zu können, kann es helfen sich ein paar Notizen zu machen. Für diese Reflexion bietet folgende Liste mit Fragen eine Hilfestellung:

• Habe ich meine Ziele für das Arztgespräch erreicht? Denke darüber nach ob es gut lief oder du beim nächsten mal etwas besser machen möchtest.
Wenn du konkrete Ziele hattest (SMART-Regel), frag dich in wieweit du selbst aktiv wurdest um deine Ziele zu erreichen? Falls es nicht wie erwartet lief, was kannst du nächstens mal besser machen? Gab es Barrieren und wie kannst sie überwinden?
Welche Informationen aus dem Gespräch sind wichtig? Am besten aufschreiben, denn vergessen ist es schneller als man denkt.
• Was muss ich nach dem Arztgespräch tun oder verändern? Vielleicht hat sich der Medikamentenplan geändert oder man hat sich mit dem Arzt auf seinen Änderung des Lebensstils geeinigt. Denk am besten jetzt schon darüber nach dem nächsten Termin auszumachen.
• Schreib dir Fragen für den nächsten Arztbesuch auf, falls etwas offen geblieben ist oder sich jetzt neue Fragen ergeben!

5 Mein nächstes Arztgespräch

Die Existenz dieses Textes ist kein Selbstzweck. Du hast dir nicht die Mühe gemacht diesen Text bis hier zu lesen um jetzt weiter zu machen wie bisher. Also überleg dir welche Ziele dir besonders wichtig sind. Überleg dir welches aktive Verhalten du zeigen musst um deine Ziele zu erreichen.

Arbeitskreis Medizin ,Freiburg, Oktober 2014